Dörte Hansen: Auf See
Kirche der Bücher: Gewissenruh 29.06.2025, 18 Uhr
Dörte Hansen, 1964 in Husum geboren und in Nordfriesland lebend, ist unverkennbar eine norddeutsche Autorin. Sie schreibt vom Leben im „Alten Land“ bei Hamburg, vom Verschwinden der bäuerlichen Lebensformen auf den Dörfern – und jetzt in ihrem dritten Buch „Auf See“ von dem ganz eigenen Menschenschlag, der die Nordseeinseln bewohnt. Bewusst legt sie den Schauplatz ihres Romans nicht auf eine bestimmte Insel fest. Er könnte überall an der Saumkante des Wattenmeeres spielen. Aber die knappen, präzisen Schilderungen von Landschaft und Lebensräumen lassen in jedem Nordseeurlauber die jeweils eigenen Erinnerungsbilder aufsteigen.
Mit dem ihr eigenen sensiblen Realismus deckt Dörte Hansen aber auch die Brüche auf, die hinter den geglätteten Urlaubfassaden verborgen liegen: „Aus dieser Insel, die ganz lange von der Seefahrt geprägt war, wird eine Insel, auf der die Leute mittlerweile von Dienstleistungen leben.“ Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Psyche der Bewohner.
Auch biographisch zieht die Autorin Typisches zusammen in den jeweils völlig eigenständigen Lebensgeschichten der fiktiven Familie Sander, ohne dabei in kitschige Klischees abzugleiten. Dafür ist der sehr spezielle Ton dieses Buches viel zu offen und schonungslos. Als Erzählerin, die in der dritten Person schreibt und auf wörtliche Rede ganz verzichtet, vermag sie tiefe Einblicke zu geben in ihre oft wortkarg verschlossenen Charaktere. Trotzdem – oder gerade deshalb – werden einem die eigensinnigen Typen schnell sympathisch. Insgesamt eine ideale Einstimmung auf einem Nordsee-Urlaub, die Lust macht auf Altvertrautes – und es einen zugleich mit neuen Augen sehen lässt.
Die Kritik urteilt: „Zur See“ ist Dörte Hansens bislang bestes Buch. …
Definitiv eines der besten Bücher der Saison! (NDR)